Wenn die Nächte länger werden und die Dunkelheit vielleicht mit einem kleinen herbstlichen Down einhergeht: Dann eröffnet, genau zum richtigen Zeitpunkt, das Lichtfest Krems.
Seit 2019 verwandelt es die Stadt elf Tage im November zum Ausstellungsraum mit Schwerpunkt Licht- und Medienkunst, und zwar stets ungefähr zwischen 16.30 und 20.30 Uhr. Exakter: ab 16.36, wenn hier die Sonne untergeht. Großflächige Projektionen aufs Steinertor, unter anderem von Thomas Wagensommerer, waren da bereits zu sehen, ebenso ein „pendule lunaire“, ein Mondpendel des renommierten deutschen Künstlers Martin Hesselmeier in der Ursulakapelle sowie der Schriftzug „der traum ist aus / allein die nacht noch nicht“ auf einem Bogen zwischen zwei Häusern in der Rabengasse von Dorothea Trappel. Jedes Jahr steht das Lichtfest unter einem bestimmten Schwerpunkt; heuer widmen sich Künstler*innen und Kunstkollektive wie Farniyaz Zaker, Miriam Hamann. David Osthoff und Laura Krok dem Thema Architektur//Ge/schichten/. Dieses Jahr dreht es sich um die Architektur in ihrer historischen Vielschichtigkeit, die sich zwischen Mittelalter und Gegenwart auffächert.

Aufwändig und durchdacht
Wer nur ansatzweise Einblick hat in die Produktion von Kunst im öffentlichen Raum, kann erahnen, wie viel Arbeit und Herzblut in einem solchen Projekt stecken. Das Künstlerpaar Kerstin und Jakob Wiesmayer, die auch als Kollektiv studio[sic] auftreten, initiierten das Lichtfest Krems einst und stemmen es bis heute. Hinter dem, was den Vorbeischlendernden wie selbstverständlich entgegenstrahlt, steht eine aufwändige und durchdachte Konzeption, Planung und Organisation.
Auf die Frage, wann man jedes Jahr mit der Arbeit am Lichtfest Krems beginne, antwortet Kerstin Wiesmayer in einem Gespräch mit ask – art & science krems: „Wir starten schon während eines Lichtfest das neue.“ Wenn nämlich Installationen bestimmte Orte im wahrsten Sinne des Wortes beleuchten, bleiben Anfragen von Künstler*innen, diese Orte im nächsten Jahr zu bespielen, nicht aus. „Im Mai konkretisieren wir das Thema dann, machen die ersten Besprechungen mit dem Team aus Marketing und Social Media.“ Bis 2023 wählten die Wiesmayers die Teilnehmer*innen aus ihrem Umfeld aus. Für dieses Jahr entschieden sie sich für eine öffentliche Ausschreibung. Prompt erhielten sie etliche Bewerbungen. Im August finalisierten sie die Liste der Künstler*innen und Kollektive, brachten sie diese mit den Orten zusammen. „Im September und Oktober gleichen wir dann unsere Ideen mit der Realität ab“, formuliert es Kerstin Wiesmayer. Tatsächlich stellt sich im öffentlichen Raum oft die Frage, was umsetzbar ist, rechtliche und formale Fragen müssen geklärt werden.

Harte Bretter
Dazu kommen die technischen Herausforderungen. Darüber erzählt Jakob Wiesmayer: „Je abstrakter eine Idee ist, desto besser muss ich einen Künstler, eine Künstlerin betreuen.“ Oft macht er seinen Kolleg*innen Vorschläge zur Umsetzung ihrer Idee. Längst verfügt er über einen reichen Erfahrungsschatz. „Jedes harte Brett, das einmal gebohrt ist, hilft: Man muss die Sache dann nicht noch einmal durchdenken.“
Bisweilen verändern sich auch die Orte, an denen bestimmte Werke realisiert werden: So war im Vorjahr eine Installation der Raumarbeiterinnen am Hohen Markt geplant – aufgrund einer Baustelle verlegte man sie in die Untere Landstraße.

Erwünschte Nebenwirkungen
Wer mit Lichtkunst im öffentlichen Raum arbeitet, hat eine Menge Dinge zu berücksichtigen. Schon im abgeschlossenen Ausstellungsraum ist die Präsentation von Medienkunst keine triviale Angelegenheit, benötigen derartige Projekte doch einen ganzen Fuhrpark an technologischen Gerätschaften. Im Außenraum kommt erschwerend hinzu, dass Straßen üblicherweise nicht mit Steckdosen übersät sind. Für dieses Problem haben Jakob und Kerstin Wiesmayer eine pragmatische Lösung gefunden, wie letztere erzählt: „Wir klopfen einfach an Häusern an und fragen, ob wir, natürlich gegen Bezahlung, Strom bekommen können. Ansonsten wäre vieles überhaupt nicht bespielbar.“ Damit gewinnen sie zudem neues Publikum, das sich vielleicht sonst nicht unbedingt für Kunst interessiert: eine durchaus erwünschte Nebenwirkung.
