30 Jahre Kunsthalle Krems

Wie eine verhinderte Preisverleihung und der Denkmalschutz dazu führten, dass hier 1995 eine ganz neuartige Ausstellungsinstitution eröffnete.
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Auf dem Bild ist die Kunsthalle Krems von außen zu sehen. Der Himmel ist blau aber leicht bewölkt.

Am 31. März 1995 meldete die Handelskette Konsum den Ausgleich an, erließ das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst eine Verordnung zur Förderung von Frauen und landete ein Song des Electro-Pioniers Vangelis auf Platz 1 der deutschen Charts. Für Krems, das damals sein 1000-jähriges Jubiläum feierte, war das Datum jedoch nicht aus diesen Gründen bedeutsam. Denn damals eröffnete hier ein neues Ausstellungshaus: die Kunsthalle Krems, damals noch Kunst.Halle.Krems betitelt. Dementsprechend feiert man heuer 30 Jahre Kunsthalle Krems.

Das historische Gebäude der Kunsthalle Krems ist auf diesem schwarz-weiß Bild zu sehen.
Am 31. März 1995 wurde die Kunsthalle Krems in der seinerzeitigen alten Tabakfabrik eröffnet. Heuer feiert sie ihr 30-jähriges Jubiläum.

Bauen im Bestand

Erst später sollten Ausstellungshäuser in anderen Bundesländern – das Kunsthaus Bregenz, das Lentos Kunstmuseum Linz, das Kunsthaus Graz – folgen. Im Gegensatz zu diesen Kunstinstitutionen allerdings entschieden sich die Kremser Verantwortlichen nicht für einen Neubau, sondern für die Adaption eines bestehenden Gebäudes, einer Tabakfabrik: ein frühes Beispiel für das, was heute unter dem Begriff „Bauen im Bestand“ als Zukunftshoffnung für grüne Architektur gilt.

Helmut Kandl (Schäffer) war seit 1991 Geschäftsführer der – damals noch in Planung befindlichen – Kunsthalle Krems Ges. m. b. H. Er erinnert sich, dass das Justizministerium zunächst das ehemalige Tabakwerk erworben hatte und das daneben liegende Gefängnis erweitern wollte. Doch es wurde unter Denkmalschutz gestellt – was diesen Plan vereitelte. So konnte das Land Niederösterreich, das die Kunsthalle zu weiten Teilen finanziert, die Immobilie erwerben.

Hier sieht man die Säulenhalle der Kunsthalle Krems während der Renovierungsarbeiten im Jahr 2017.
Die Verantwortlichen in Krems entschieden sich damals nicht für einen Neubau, wie viele andere Ausstellungshäuser, sondern für einen Umbau eines bestehenden Gebäudes – der Tabakfabrik. Es gilt als frühes Beispiel für nachhaltiges Bauen im Bestand.

Fisch und Fleisch

Bereits vor der Eröffnung 1995 zeigten ambitionierte Ausstellungsmacher dort Kunst, etwa die von Kandl kokuratierte Schau „Fisch und Fleisch. Photografie aus Österreich 1945 – 1995“. Womit die Kunsthalle „ihre Qualitäten als Ausstellungsbau mit temporären Ausstellungen bereits unter Beweis gestellt hatte“, wie Gründungsdirektor und Ideengeber Wolfgang Denk (1947-2023) in einem Buch anlässlich des 20-jährigen Jubiläums sagte.  

Die Schienen für den Standort Krems waren freilich schon länger gelegt. Als St. Pölten 1986 niederösterreichische Landeshauptstadt wurde, entschieden die politisch Verantwortlichen auch die Weiterentwicklung von Krems als Kulturstadt. So erzählt es Joachim Rössl, der lange Jahre die Kulturabteilung des Landes Niederösterreich leitete. Dafür ließ man sich eine seinerzeit neue, heute übliche Konstruktion einfallen: Die Kunsthalle Krems war als Gesellschaft mit längerfristigem Fördervertrag durch das Land aufgesetzt. Auch der damalige – bekannt kunstinteressierte – Kremser Bürgermeister Erich Grabner unterstützte das Vorhaben substanziell.

Hier sieht man das Aufstellen der grauen langen Säule vor der Kunsthalle Krems.
Nach den Plänen von Adolf Krischanitz entstand ein „spannungsgeladenes Gebäude“, wie die Neue Zürcher Zeitung damals schrieb.

Verhinderte Preisverleihung

Zu den Anfängen der Kunsthalle befragt, erinnert sich Rössl an eine aus seiner Sicht entscheidende Wegmarke: Einst sollte Hermann Nitsch auf Empfehlung einer Jury den Kulturpreis Niederösterreich erhalten. „Das hat aber nicht stattgefunden“, so Rössl. Offenbar war die Zeit damals noch nicht reif dafür. Doch immerhin war diese verhinderte Preisverleihung „ein innovativer Anstoß, in der Minoritenkirche eine Nitsch-Ausstellung auszurichten.“ Während sich die FPÖ darüber ereiferte, stellten sich die anderen Parteien geschlossen hinter die Ausstellung, so Rössl. „Das war kulturpolitisch und atmosphärisch wichtig.“

Den Architekturwettbewerb zum Umbau der Tabakfabrik gewann Adolf Krischanitz. Er erntete mit allerorten Lob. Es sei „ein spannungsgeladenes Gebäude gelungen, dessen Dynamik sich durch die Konvergenz zwischen Alt und Neu erschließt“, schrieb die Neue Zürcher Zeitung. „Die Architektur drängt sich der Kunst nicht auf. Es ist eine avancierte, selbstbewusste Form von Understatement, die hier mitschwingt.“ Das deutsche Branchenmagazin „Kunstforum international“ war begeistert von der Erschließung des bis dahin „eher vernachlässigten Kremser Stadtteils Stein“ und notierte: „Die mittelalterliche städtische ‚Landschaft‘ und das Donauufer wurden als Bezugsfelder von Kunst und als identitätsbildend für die Kunsthalle definiert.“ In den vergangenen 30 Jahren erhielt die Kunsthalle Zuwachs und formierte sich mit Karikaturmuseum Krems, Landesgalerie Niederösterreich, Forum Frohner und der ehemaligen Eybl-Fabrik, in der sich heute u. a. die Artothek Niederösterreich, Atelierräume für die Kunstvermittlung und Künstler*innenwohnungen des internationalen Austauschprogramms AIR – ARTIST IN RESIDENCE Niederösterreich befinden, zur Kunstmeile Krems.

Auf diesem Bild sieht man die Vorderseite der Kunsthalle Krems mit der gelben Fassade und den unzähligen Fesntern, davor die Säule vorauf geschrieben steht "Kunsthalle Krems".
Für die Kunsthalle Krems ließ man sich 1995 eine neue Konstruktion einfallen – eine Gesellschaft mit längerfristigem Fördervertrag durch das Land und die Stadt.

Wasser und Wein

Die erste Ausstellung in der neuen Kunsthalle hieß „Wasser und Wein. Zwei Dinge des Lebens. Aus der Sicht der Kunst von der Antike bis heute“. Kuratiert hatte sie der frühere Gründer des Museum moderner Kunst in Wien, Werner Hofmann. „Die Kunsthallenkonzeption“, schrieb er damals im Katalog, „setzt trotz analytischer Basis auf Synthese, auf Interaktion und Zusammenhänge, nicht auf Konstrukte und Theorien, sondern auf das mit den Sinnen Erfahrbare“. Mit Blick auf die Ausstellungen in der Kunsthalle Krems scheint dies heute, nach 30 Jahren Kunsthalle Krems, weiterhin gültig zu sein.

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2 Antworten

  1. Ich erinnere mich an all das noch sehr gut, Wolfgang Denk war gut vernetzt und auf seine Weise genial. Die Nitsch Ausstellung in der Kirche, Wasser und Wein … alles sehr schön. Auch die weitere Entwicklung der Kunsthalle/Kunstmeile, alles sehr schön …
    Liebe Grüße an Dr. Rössl!

    1. Sehr geehrte Frau Grühbaum,

      vielen Dank für Ihren Kommentar, dem ich nur zustimmen kann. Die Grüße an Dr. Rössl richte ich gerne bei Gelegenheit aus.

      Herzliche Grüße,

      Nina Schedlmayer

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Kunsthalle Krems

Museumsplatz 5, 3500 Krems an der Donau

DI – SO und MO, wenn Feiertag
10.00 – 18.00 Uhr (März – Okt.)
10.00 – 17.00 Uhr (Nov. – Feb.)
geschlossen am 24.12., 31.12., 01.01.

Derzeit wegen Ausstellungsumbaus geschlossen. Am 4. April 2025, 19 Uhr eröffnet die Ausstellung von Susan Rothenberg. Mit dieser Veranstaltung wird auch das 30-jährige Jubiläum der Kunsthalle Krems gewürdigt. Sie ist der Auftakt für ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm zur Geschichte des Hauses. Details finden sich hier.

© Faruko Pinjo | Wolfgang Wössner | Kunsthalle Krems
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