Social Media haben die Medien rasanter gemacht, Politik ist in Zeiten von Trump und Kickl von Satire kaum mehr zu unterscheiden, und die Krise der Printmedien bedroht die Karikatur: Diese Entwicklungen sind mit freiem Auge sichtbar. Und lassen die Frage zu, ob es politische Zeichner*innen heute leichter oder schwerer haben denn zu jener Zeit, als Michael Pammesberger seine Laufbahn startete. Seit 1997 begleitet er in der Tageszeitung Kurier das Zeitgeschehen als politischer Karikaturist; die vergangenen 30 Jahre umfasst die Ausstellung „Planet Pammesberger“ im Karikaturmuseum Krems.
Wenn er nun Werke aus dieser Zeit präsentiert, fallen ihm vor allem die Wiederholungen auf, wie er in einem Gespräch mit ask – art & science Krems erzählt. Wenn einst Wolfgang Schüssel Koalitionsgespräche mit mehreren potenziellen Partnern führte, so liegt der Vergleich zur Gegenwart auf der Hand. „Aber lernt die Menschheit wirklich aus der Geschichte?“, fragt er, eher rhetorisch. „Ich bezweifle es.“

„Bin ein schlechter Archivar“
400 Zeichnungen fertigt er pro Jahr an. Die ältesten in der Ausstellung sind für jüngere Besucher*innen kommentarbedürftig, so weit sind sie von der Gegenwart entfernt. Aber auch die Regierungszeit von Sebastian Kurz (den Michael Pammesberger in seiner scheinbaren Überraschung über die Nähe zu rechtsextremen Gruppierungen der FPÖ karikierte) oder die Angelobung des Bundespräsidenten (der sich in Pammesbergers Zeichnung die kommende Langeweile imaginiert) erscheinen, als wären sie lange her. Jedenfalls angesichts der Ereignisse, die dazwischen lagen. Wie viele Bundeskanzler (neben Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein) er als Kurier-Karikaturist schon erlebt hat, hat Michael Pammesberger nicht im Kopf (eine Kurzrecherche ergibt: Es waren 13.). So viel kann er jedenfalls sagen: „Schon viele Kanzler sind im Fluss an mir vorbeigeschwommen, übrigens auch Chefredakteure. Aber der Karikaturist bleibt.“ Und auf die vielstrapazierte, aber zutreffende Beobachtung, dass die Realität die Satire zunehmend einholt, entfährt ihm ein Seufzer: „Uns muss eben etwas noch Blöderes einfallen als die Realität.“

Die Sichtung von 30 Jahren Karikatur war für Michael Pammesberger Herkulesarbeit. „Ich bin ein schlechter Archivar“, erzählt er. „Es war sehr viel Arbeit, die Sachen herauszusuchen und zu datieren – mehr als gedacht. Aber es war spannend, weil ich vielen alten gezeichneten Freunden begegnet bin.“ Nicht wenige seiner Werke hat er im Laufe der Zeit verbrannt: Um Platz zu schaffen, räumlich wie gedanklich.
Journalist des Jahres
Als er, nach einer Laufbahn als Jurist, einem gewonnenen Zeichenwettbewerb (Preisgeld: 1000 Schilling) und seiner Tätigkeit bei den Oberösterreichischen Nachrichten, beim Kurier startete, richtete er sich einen Arbeitsplatz in der Redaktion ein. „Am Anfang ging es darum, Hilfe in Anspruch zu nehmen“, erinnert er sich. „Ich war in der Redaktion, um zu sehen, wie die Zeitung gemacht wird. Wir redeten darüber, was das Thema einer Karikatur sein könnte.“ So habe er viel gelernt. Und es ist kein Zufall, dass er 2022 die Auszeichnung „Journalist des Jahres“ in der Kategorie Unterhaltung erhielt – denn bei aller Satire sieht er seine Tätigkeit auch als journalistische.

Speedy Metier
Wie sehr hat sich der Alltag des Karikaturisten verändert mit der Schnelllebigkeit der Medien? Michael Pammesberger relativiert. Schließlich war er schon immer ein Spezialist für das Kurzfristige. Zwar gebe es heute „mehr Echtzeit in der Berichterstattung – man kann auch nach Redaktionsschluss im Netz um zehn Uhr am Abend etwas austauschen. Aber es ist für mich eher ein Vorteil, dass alles rasanter wurde. Denn ich bin es eh schon gewohnt. Mein Metier ist speedy. Ich spiele nicht mit dem großen Orchester, sondern Klaviermusik.“ Michael Pammesberger ist Bewunderung für seine schnelle Reaktion gewohnt, wehrt aber ab: „Ich muss es mir ja nicht herauswürgen, sondern es geht in spielerisch-routinierter Form.“

Manfred Deix bekundete in einem Schreiben 2007 sein Mitleid für die stakkatoartige Frequenz, die der tagesaktuelle Job erfordert. „Jeden Tag zeichnerisch lustig sein zu müssen – einerlei, wie es einem selbst geht –, ist alles andere als ein Lercherl. Ganz zu schweigen von der Tristesse der politischen Themen, die ein Karikaturist täglich zu bewältigen hat. Das ist Schwerstarbeit pur.“ Michael Pammesberger wirkt nicht so, als würde er unter deren Last zusammenbrechen. Sondern ganz heiter.
Nina Schedlmayer