In den Tiefen des Archivs

Verstaubt? Im Gegenteil! Das Stadtarchiv Krems zeigt sich auf der Höhe der Zeit – nicht nur wegen seines Instagram-Accounts.
By

Archive seien verstaubte Orte, in denen ebenso langsame wie langweilige Menschen arbeiten: Diese Vorstellung scheint noch weit verbreitet. Und sie ist selbst antiquiert wie ein maschinengeschriebener Zettelkatalog. Das beweist schon ein Blick auf den Instagram-Auftritt des Stadtarchivs Krems. Nur wenige Social-Media-Accounts öffentlicher Institutionen sprühen derart vor Witz und Selbstironie. Da wird etwa ein Büchertransporter angepriesen: „Sportliches Fahrgestell – dynamisches Design – von 0 auf 3 km/h in einer Sekunde – ein herrlicher Neuwagen!“ Oder zu Weihnachten erscheinen Fotos von Akten, fein säuberlich mit Maschen verschnürt, dazu der Text: „Die letzten Geschenke sind eingepackt! Für Omi gibt’s heuer Akten des Hochgerichts und Tante Erni freut sich bestimmt über die Rechnungsbeilagen der Depositenkassa.“

Sogar einen Instagram-Auftritt hat das Stadtarchiv Krems. Der Kopf hinter diesen außergewöhnlich originellen Postings heißt Daniel Haberler-Maier. Seit fünf Jahren arbeitet er als Stadtarchivar in Krems.

Barocker Zubau

Der Kopf hinter diesen außergewöhnlich originellen Postings heißt Daniel Haberler-Maier. Seit fünf Jahren arbeitet er als Stadtarchivar in Krems. Er residiert im zweiten Stock des barocken Zubaus zum Dominikanerklosters und ist Herr über unzählige Archivalien im Stadtarchiv Krems: Quellen der Stadtverwaltung, Urkunden, Nachlässe, Karten, Plakate, Fotos, Zeitungen und Zeitschriften, zudem eine wissenschaftliche Bibliothek. Wer möchte, kann zu den Öffnungszeiten an einem der 16 Plätze im Lesesaal Platz nehmen und sich Materialien ausheben lassen, um sie vor Ort zu studieren. „Grundsätzlich darf jede und jeder alles einsehen“, sagt Daniel Haberler-Maier bei einem Besuch von ask – art & science krems in seinem Reich. „Es gibt einige Ausnahme, beispielsweise aus rechtlichen oder konservatorischen Gründen.“ Papiere, deren Freigabe gegen Persönlichkeitsrechte verstoßen oder die zu zerfallen drohen, müssen unter Verschluss bleiben.

Ausnahmen bestehen aus rechtlichen oder konservatorischen Gründen: Dokumente, deren Veröffentlichung Persönlichkeitsrechte verletzen würde oder die aufgrund ihres Zustands zerfallgefährdet sind, müssen geschützt werden.

Kuriositäten und Schätze im Stadtarchiv Krems

Ansonsten jedoch ist die Benützung des Stadtarchivs Krems keineswegs Akademiker*innen und Studierenden vorbehalten. „Wir haben auch viel privaten Verkehr“, erzählt der Archivar. „Es kommen etwa Leute, die sich für die Geschichte ihres Wohnhauses oder die ihrer Familie interessieren.“ Ungefähr die Hälfte der Benutzer*innen sind Privatpersonen, sagt er. Bei seiner Führung fördert er Kuriositäten und Schätze aus den Tiefen des Stadtarchivs Krems zutage: eine „Goldene Bulle“, unterzeichnet vom Kaiser Friedrich III. Einen Wappenbrief aus dem Jahr 1463. Ein Buch aus dem Besitz des berühmten Kremser Schmidt, in dem es um Künstler an der Akademie der Bildenden Künste in Wien geht. An manchen der Dokumente, die in schön geschwungenen Lettern verfasst sind, hängen Siegel, fein säuberlich in Seidenpapier verpackt. Ein besonderes Objekt ist ein Knäuel aus Seilen, an denen Marken mit Bezeichnungen von Stricken und Preisangaben hängen: „Darauf bot die Seilerzunft ihre Ware an“, erzählt Daniel Haberler-Maier. Ein frühes Marketingtool gewissermaßen.

Daniel Haberler-Maier hebt das Stadtarchiv Krems nicht nur durch seinen humorvollen Instagram-Auftritt von anderen ab, sondern auch durch sein hochwertiges wissenschaftliches Journal: die „Mitteilungen Stadtarchiv Krems. Beiträge zu Geschichte, Kunst und Kultur“. Dieses Journal erfüllt höchste wissenschaftliche Standards und ist – wie es im Fachjargon heißt – „peer reviewed“.

Nicht nur der witzige Instagram-Auftritt unterscheidet das Stadtarchiv Krems von anderen. Sondern auch sein wissenschaftliches Journal: die „Mitteilungen Stadtarchiv Krems. Beiträge zu Geschichte, Kunst und Kultur“. Dabei handelt es sich um ein wissenschaftliches Journal höchster Güte, ist es doch, wie es im Fachjargon heißt, „peer reviewed“: Ein Board aus Mitgliedern der Wissenschaftscommunity entscheidet darüber, was publiziert wird; jeweils zwei Expert*innen begutachten die Beiträge dann. „Manchmal wird auch etwas abgelehnt“, erzählt Daniel Haberler-Maier. Doch damit ist eine Qualitätsschranke eingebaut – die garantiert, dass auf der Höhe der Zeit publiziert wird. Gänzlich unverstaubt.

Artikel teilen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

In den Tiefen des Archivs

In den Tiefen des Archivs

Verstaubt? Im Gegenteil! Das Stadtarchiv Krems zeigt sich auf der…
Die uns ernähren

Die uns ernähren

Die Schriftstellerin Lorena Simmel wirft ein Licht auf Erntearbeiter*innen in…
Strahlende Aussichten

Strahlende Aussichten

Das Lichtfest Krems lockt alljährlich mit erstklassiger Kunst. Viel Herzblut…

Tags

Kontakt:
Körnermarkt 14

3500 Krems

Telefon: 0 27 32 / 801 578

stadtarchiv@krems.gv.at

Zu den Öffnungszeiten (Montag bis Donnerstag, 08:30 bis 16:00 Uhr und Freitag, 08:30 bis 12:00 Uhr nach Voranmeldung; Beratung vor Ort: Montag, Dienstag und Freitag) steht der Lesesaal allen Forscher*innen offen.

© Stadtarchiv Krems
Gratis-Abo
ONLINE-MAGAZIN PER MAIL

Art and Science Krems 2 mal im Monat