Die reisenden Töne von Camille Norment

Die Soundinstallation „Triangulation“ von Camille Norment macht den Klangraum Krems Minoritenkirche zur Echokammer.
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Tok – tok – tok. Pause. Tok – tok – tok. Als würde jemand mit einem Xylophonschlägel gegen Metall klopfen: So hört sich „Frisson“ an – eine große Metallkugel, die Teil der Installation „Triangulation“ von Camille Norment im Klangraum Krems ist. Langsam ändert sich der Sound, geht über in ein Schleifen, ein Kratzen, ein Dröhnen. Und plötzlich ist es, als reiste er quer durch das weitläufige Schiff der einstigen Minoritenkirche, die seit 1951 kulturell genutzt wird. Auf einmal ertönen die Töne erneut, in der Apsis. Erstaunt dreht man sich um, begibt sich auf die Suche nach Geräuschquellen, unwillkürlich und im sicheren Wissen, dass es sich tatsächlich doch rein um das Echo handeln kann.

langinstallation „Triangulation“ der Künstlerin Camille Norment besteht aus einer großen, goldenen Schale und gegenüber dieser steht eine große silberne Kugel, die auf diesem Bild zu sehen ist.
Die Klanginstallation „Triangulation“ der Künstlerin Camille Norment verwandelt den Klangraum Krems Minoritenkirche mit minimalistischem Sound, Licht und Bewegung in einen meditativen Erlebnisraum. Die Installation lädt dazu ein, Klang, Raum und Wahrnehmung neu zu entdecken.

Schau- und Hörplatz

Seit langem ist die Minoritenkirche Schau-, oder sollte man sagen: Hörplatz, von faszinierenden Klanginstallationen, die ihr stets neue Dimensionen abgewinnen. Camille Norment ist gebürtige US-Amerikanerin, lebt in Oslo und hat eine beeindruckende Vita aufzuweisen, mit Ausstellungen im Dia Chelsea sowie der Biennale Venedig, wo sie 2015 den Nordischen Pavillon bespielte. Wenn Camille Norment, wie sie sagt, „mit einem Raum zusammenarbeitet“, dann ist das erste, was sie macht, „ihm zuzuhören“. Die Minoritenkirche habe eine „sehr nette Resonanz“, die ein Echo „auf sanfte Art“ herausbilde. Dadurch hatte sie die „Möglichkeit, sehr minimalistisch zu arbeiten“, sagt sie.

Norments dreiteilige Arbeit im Klangraum Krems Minoritenkirche basiert auf der Verbindung von Wissenschaft und Spiritualität, die laut der Künstlerin beide nach Wahrheit streben, aber die Wirklichkeit nicht vollständig erfassen können – insbesondere, wenn die Quantenphysik Grenzen auflöst.

Sound aus dem Kosmos

Ihre Arbeit, die sie auf Einladung der künstlerischen Leiterin Shilla Strelka für den Klangraum Krems entwickelte, umfasst drei Teile. Inspiriert haben sie dazu, erzählt die 1970 geborene Camille Norment im Gespräch mit ask – art & science krems, die beiden Kategorien Spiritualität und Wissenschaft. Beide, so meint sie, suchten nach Wahrheiten, seien dabei jedoch auch Projektionsflächen und könnten die Realität letztlich doch nicht greifen. Und wenn man meine, man könne sie strikt voneinander trennen, dann „kommt die Quantenphysik und lässt alles verschwimmen“, wie die Künstlerin lachend sagt.

Camille Norment nutzt die besondere Akustik des Klangraum Krems Minoritenkirche für Klangkunst, die zum genauen Hinhören einlädt und den Raum auf neue Weise erfahrbar macht.

„Frisson“ bezieht sein Material aus der Verlangsamung eines ganz besonderen Sounds: der kosmischen Mikrowellenhintergrundstrahlung, in dem der Physiker John G. Cramer laut Norment eine Parallele zu dem des Urknalls sah. Im Internet kursieren Aufnahmen dieses Tons. Eine Sekunde davon spielt die Künstlerin extrem langsam ab, wodurch das Klopfen-Schleifen-Dröhnen entsteht. Die anderen beiden Arbeiten leben eher vom Visuellen: „The First State of Consciousness“ besteht aus einem Lichtkegel, der auf einen Pfeiler gerichtet ist und einen Tuschepunkt enthält, der „da sein kann oder auch nicht“, wie Camille Norment verschmitzt lächelt. Auch hier geht es ums Suchen. Wer die Fläche mit den Augen abtastet, findet tatsächlich einiges: die rötliche Farbe der Ziegel. Die unregelmäßigen Löcher, die ihre poröse Oberfläche bildet. Eine alte Inschrift, die Daten in der Geschichte der Minoritenkirche preisgibt. Das dritte Element der „Triangulation“ bildet eine Klangschale mit zwei magnetischen chinesischen Meditationskugeln. Bei Berührung stoßen sie chaotisch aufeinander, umkreisen einander, immer auf der Suche nach einem Gleichgewicht.

Ihre Kunst spricht Hören und Sehen zugleich an – mit kosmischen Klängen, Licht und Klangobjekten entsteht ein Ort der Ruhe und Inspiration.

Wer im Sommer nicht nur Gleichgewicht und ein spannendes Kunsterlebnis, sondern auch Kühle und Meditation sucht, ist jedenfalls an diesem Ort richtig.

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Die Ausstellung im Klangraum Krems ist bis 14. September bei freiem Eintritt zugänglich. Parallel dazu läuft im Kapitelsaal die Soundinstallation „A Large Inscription“ von Adam Basanta.

Öffnungszeiten: Bis 14. September 2025, Di – So von 11:00 – 17:00 Uhr (Eingang über Forum Frohner)

Minoritenplatz 4, 3500 Krems

Tipps:
Kunstinfo Klangkunst Jeden Sonntag von 16:00 bis 17:00 Uhr sind Kunstvermittler:innen der Kunstmeile Krems vor Ort, um Fragen über die aktuelle Klanginstallation und die historische Minoritenkirche zu beantworten.
Eintritt frei
Fokus Minoritenplatz: Jeden ersten Samstag im Monat (5.7., 2.8., 6.9.) findet die Themenführung mit Besuch von Forum Frohner, Klangkunst und Skulpturengarten statt. Treffpunkt: Kassa Forum Frohner, 16:00 Uhr. Euro 4,-

© David Visnjic / Klangraum Krems Minoritenkirche
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