Als Christa Hauer 50 Jahre alt wurde, feierte man das Jahr der Frau und das Jahr der Denkmalpflege. „Das hat mir gefallen. Ich war also ein Denkmal“, kommentierte sie viele Jahre später diese Koinzidenz – wie so oft voller Ironie, die auch vor ihrer eigenen Person nicht Halt machte.
Engagement, Witz und langer Atem
Christa Hauer (1925-2013), deren Leben und Wirken nun die Landesgalerie in der Ausstellung „Christa Hauer. Künstlerin. Aktivistin. Galeristin“ beleuchtet, hatte zu diesem Zeitpunkt schon viel bewegt. In ein kunstsinniges, aber konservatives Elternhaus hineingeboren, war sie nach ihrem Studium an der Akademie der bildenden Künste in die USA gegangen, hatte die dort aktuellen Kunstrichtungen kennengelernt und unter diesem Eindruck früh abstrakt gemalt. Danach hatte sie mit ihrem Mann Johann Fruhmann die Wiener Galerie im Griechenbeisl gegründet und zu einem Hotspot internationaler Kunst gemacht.

Doch im Jahr der Frau hatte sie allen Grund zur Unzufriedenheit. Denn im Wiener Völkerkundemuseum sollte aus diesem Anlass eine „Frauenausstellung“ stattfinden. Die Einladungen, die an viele Künstlerinnen gingen, die sichtbare Schlamperei im Umgang mit dem Projekt, die ausschließlich männliche Jury: All das war dermaßen dilettantisch, dass Christa Hauer gemeinsam mit anderen Künstlerinnen protestierte. Daraus formierte sich 1977 die IntAkt: die bis heute bestehende „Internationale Aktionsgemeinschaft bildender Künstlerinnen“, die mit Engagement, Witz und langem Atem gegen die männliche Vorherrschaft in der Kunst kämpfte. Schon 1970 hatte Hauer mit ihrem Mann Johann Fruhmann das Schloss Lengenfeld bei Krems erworben, das sie zu einem lokalen Kulturzentrum ausbauten. Dort trafen Dorfbewohner*innen auf Kunststars, unter anderem bei ihren legendären „Fischerl-Festen“.

Enttäuscht über geringen Frauenanteil
Wäre Christa Hauer nicht 1953 nach Chicago gegangen, wäre ihr Weg wohl ganz anders verlaufen. Denn zu diesem Zeitpunkt arbeitete sie als Werbegrafikerin. In Wien war künstlerisch nicht viel los, doch in den Museen New Yorks fand sie neue Inspiration. Im Katalog zu der von ihr initiierten und ko-kuratierten Ausstellung „Mimosen-Rosen-Herbstzeitlosen. Künstlerinnen. Positionen 1945 bis heute“ 2003 in der Kunsthalle Krems erzählte sie, wie sie die internationale Avantgarde entdeckte: „Wir haben die Sachen angestarrt wie Weltwunder.“ Freilich war sie schon damals „etwas enttäuscht, dass dort wenig Frauen vertreten waren“. Zurück in Wien, stieß ihre progressive Kunst – leuchtende, abstrakte Kompositionen, in denen Farbflächen ineinander fließen – auf wenig Gegenliebe. Vor allem ihr Vater Leopold Hauer, selbst Künstler, konnte wenig damit anfangen. „Für mich war das gar nicht einfach, ich habe zwischen zwei Welten gelebt“, sagte sie in einem Interview über diese Zeit, als sie hin- und hergerissen war zwischen der konservativ-gegenständlichen Schiene des Vaters und der Abstraktion ihrer Zeit.

Trägerrakete
Christa Hauer vermachte den Landessammlungen Niederösterreich ihre umfangreiche Sammlung. Alexandra Schantl, Sammlungsleiterin der Kunst nach 1960, ist mit ihrem Werk wohl am besten vertraut. Sie hat die Ausstellung in der Landesgalerie kuratiert und erzählt: „In den USA entfaltete sich Christa Hauers Interesse für die Malerei neu, doch in Österreich stieß sie auf Unverständnis mit ihrer Arbeit. Ihr langer USA-Aufenthalt zeigte ihr auch, wie dürftig die Situation in dieser Zeit in Österreich war. Dem wollte sie Abhilfe schaffen.“
Die Galerie im Griechenbeisl, die Hauer von 1960 bis 1971 mit Fruhmann leitete, lud nicht nur internationale Künstler*innen ein, sondern war auch die Trägerrakete für heimische. Einmal erinnerte sich der Maler Christian Ludwig Attersee: „Von hier aus bin ich in die ganze Welt gekommen“. Und sie stellte ein Gegengewicht zur Galerie nächst St. Stephan dar – der Christa Hauer ankreidete, nur Männer zu zeigen. Nicht zu Unrecht. Schantl sagt: „Christa Hauer hatte ein Sensorium für die brennenden Themen ihrer Zeit. Es war ihr ein Anliegen, nicht nur auf intellektueller Ebene drüber zu diskutieren, sondern sich auch aktiv für etwas einzusetzen.“ Anliegen gab es viele: die avancierte Kunst ihrer Zeit, die Präsenz von Künstlerinnen, aber auch ökologische und sogar ortsplanerische. Überall dort engagierte sie sich – und oft verband sich das eine mit dem anderen. Etwa in den legendären Aktionen der IntAkt wie jene, bei der sie 1980 im Schloss Lengenfeld Ortsansässige und Kinder einlud, Vogelscheuchen zu gestalten – gemeinsam mit IntAkt Künstlerinnen wie Margot Pilz; die Künstlerin llse Teipelke, die später an der Documenta, einem der wichtigsten internationalen Kunstfestivals, teilnehmen sollte, zeigte eine Performance.

Heute werden unter Schlagworten wie Outreach und Partizipation Menschen jenseits des bildungsbürgerlichen Publikums eingeladen, an Kunst teilzuhaben. Im Schloss Lengenfeld fand dies bereits vor rund 50 Jahren statt. Dank einer Künstlerin, die resolut und wortgewaltig war, die Erfordernisse ihrer Zeit erkannte und, wie Alexandra Schantl sagt, in „so vielen gesellschaftlichen Bereichen am Puls der Zeit oder ihr sogar voraus war.“
Nina Schedlmayer