Physiologisch betrachtet, sollten unsere Zähne nur beim Schlucken Kontakt haben. Aber wie oft beißen wir im Alltag die Zähne zusammen, um etwas zu schaffen? Wie oft knirschen wir mit den Zähnen, weil uns jemand ärgert? Die Redewendungen entsprechen hier der Realität. Für jeden von uns ist es besser, wenn im Mundraum alles in Ordnung ist. Zahnschmerzen sind niemandem zu wünschen, und Entzündungen können sich auf den ganzen Körper auswirken. Im Leistungssport und im E-Sport, bei Olympionik*innen und Spitzensportler*innen können minimale Belastungen entscheidend sein, die über Qualifikation, den Stockerlplatz aber auch den verletzungsbedingten Ausfall bestimmen.
Dr. Michael Passinger, Acadamy for Sports Dentistry Certified Team & Sports Dentist, selbst erfolgreicher Sportler und vierfacher Finisher der Triathlon Weltmeisterschaft Ironman Hawaii, arbeitet seit mehr als zehn Jahren als Sportzahnmediziner sowohl mit Spitzensportler*innen als auch Menschen im Breitensport, die ihre Leistung verbessern möchten: „Wenn beim Material alles ausgereizt ist oder die erhoffte Leistung trotz Training nicht abgerufen werden kann, suchen viele nach Ursachen und Auswegen und finden diese oft in der Sportzahnmedizin. Ich selber werde hellhörig, wenn sich z.B. Sportler*innen immer auf der gleichen Seite verletzen. Die Sportzahnmedizin ist in den USA bereits seit den 1980er-Jahren etabliert, wo jedes Team einen eigenen Team-Dentist hat. Bei uns ist das noch nicht so verbreitet.“
Prophylaxe nicht nur im Zahnschutz
Gedanklich naheliegend ist die Prävention durch Zahnschutz bei Kontaktsportarten. Ebenso die traumatologische Nachversorgung oder ein Zahnersatz bei Verletzungen. Im Mundraum allgemein und bei der genauen Vermessung von Zahnkontakt und Kieferstellung insbesondere gibt es aber für die abrufbare Leistung auch viel zu holen. Michael Passinger, der bereits einen Vortrag zum Thema gehalten hat und Ehrenbürger der Danube Private University Krems ist, wendet dafür in seiner Zahnarztpraxis nahe Frankfurt vielschichtige Untersuchungsmethoden an. Dabei spielt der ganzheitliche Ansatz die entscheidende Rolle. Passinger ist Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Sportzahnmedizin (DGSZM) und außer auf Sportzahnmedizin, auch auf Wurzelkanalbehandlungen und Parodontologie spezialisiert. „Wir suchen gezielt nach leistungsmindernden Faktoren wie z.B. Zahnfleisch- oder Knochenentzündungen, Fehlstellungen, nicht durchgebrochenen Weisheitszähnen oder mundfremden Bakterien in Zahnfleischtaschen, die ihren Weg in die Blutbahn finden und das Immunsystem schwächen können.“
Im Sport können manchmal kleine Verschiebungen im Mundbereich eine entscheidende Auswirkung auf die Körperstatik haben. Ein Ansatzpunkt der Analyse ist hier die genaue 3D-Vermessung von Zähnen, Kiefer und Schädel, die Suche nach einem sogenannten Fokus, der den Körper beeinflusst. Der Körper ist ein komplexes, neuronal verbundenes Gesamt-System. Eine Fehlstellung des Unterkiefers wirkt sich daher auf den gesamten Bewegungsapparat aus, der diese Dysbalancen beständig ausgleicht. Daher kann z.B. eine Körperseite vorbelastet werden, was zur erhöhten einseitigen Verletzungsanfälligkeit führt. Spezielle Performance-Schienen sorgen dafür, dass der Kiefer und damit gleichzeitig der Rest des muskuloskelettalen Apparats beim Leistungserbringen optimal belastet wird. Die beim Sport beanspruchten Kraftpunkte werden wiederum – mit ebenfalls eigens angefertigten Regenerationsschienen – nach dem Sport gezielt entlastet.
Ein anderer wichtige Ansatzpunkt der Sportzahnmedizin ist die Auswirkung der Mundhöhle auf das Immunsystem. Die weißen Blutkörperchen, die erste Eingreiftruppe des Immunsystems im Körper, übernehmen u.a. die regenerativen Aufgaben wie etwa die Reparatur von Muskelfasern und Sehnen. Diese sollen nicht durch Entzündungsprozesse, Stress oder Verletzungen zusätzlich beansprucht werden, was die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen würde. Mit Abstrichen von jedem Zahn und den Zahnfleischtaschen, die sich im gleichen Mundraum wie eigene mikrobielle Planeten unterscheiden können, kann der spezialisierte Zahnarzt ausschließen, dass sich pathogene Bakterien eingenistet haben, die sich sogar bis zu den Herzklappen festsetzen können.
Für Sportler*innen im Kader ist zudem extrem wichtig, dass die zahnärztlichen Profis bei Medikamenten und Schienen konform zu den geltenden Doping-Richtlinien arbeiten.
Der Effekt sportzahnmedizinischer Betreuung kann die Leistungsfähigkeit signifikant verbessern, so der Sportzahnarzt. Und auf jedes Prozent kann es eben ankommen.
Astrid Kuffner
Eine Antwort
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R.Mang