Die meisten Menschen wünschen sich, zu Hause in vertrauter Umgebung sterben zu dürfen. Gudrun Kreye, Leiterin der Palliativeinheit am Universitätsklinikum Krems, tut alles dafür, diesem Wunsch gerecht zu werden. Gemeinsam mit ihrem Team ist sie nicht nur auf der Station, sondern über das mobile Palliativteam auch im gesamten Bezirk Krems im Einsatz – rund um die Uhr erreichbar bei medizinischen Fragen. „Alle Ärztinnen und Ärzte lernen Reanimation – ich finde, sie sollten genauso lernen, einem sterbenden Menschen beizustehen“, sagt Kreye. Ihre Überzeugung ist tief verwurzelt in einer persönlichen Erfahrung: Als Jugendliche war sie dabei, als ein nahestehender Mensch im Kreis der Familie starb. Dieser friedliche, gut begleitete Abschied war prägend – und wurde zum Ausgangspunkt ihrer beruflichen Laufbahn in der Palliativmedizin.
Mehr als Sterbebegleitung
Hinter dem Begriff „Palliative Care“ verbirgt sich ein ganzheitliches Versorgungskonzept für Menschen mit unheilbaren, fortschreitenden oder lebensverkürzenden Erkrankungen. Ziel ist es, die Lebensqualität zu erhalten – bis zuletzt. Das multiprofessionelle Team am Universitätsklinikum Krems, einem Lehr- und Forschungsstandort der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften, kümmert sich um medizinische, pflegerische, psychologische, soziale und spirituelle Bedürfnisse und bezieht auch die Angehörigen eng mit ein. „Früher wurde Palliativarbeit oft unterschätzt – als ruhiger Job mit ein bisschen ‚Handerl halten‘. Doch das Gegenteil ist der Fall: Es braucht Spezialwissen, interdisziplinäre Abstimmung und viel Zeit“, sagt Kreye. Ihren Erfolg sieht sie nicht in Heilung, sondern in Momenten: wenn Atemnot gelindert werden kann, wenn ein Mensch nach Hause zurückkehrt, wenn Enkel das Bett in den Garten schieben oder die Meerschweinchen zu Besuch kommen. Und vor allem, wenn jemand in Würde und gut versorgt zu Hause sterben darf.

Wer bekommt palliative Betreuung?
Nicht alle Patientinnen, die palliative Betreuung benötigen, erhalten diese auch rechtzeitig. Eine aktuelle Studie am Universitätsklinikum Krems hat das untersucht: 2.469 anonymisierte Patient*innenakten aus der Inneren Medizin wurden rückwirkend mithilfe des etablierten P-CaRES-Screenings (Palliative Care and Rapid Emergency Screening) erfasst. Mit dem Fragebogen wurde analysiert, ob Patient*innen lebenslimitierende Erkrankungen und palliative Bedürfnisse hatten. Neben definierten Krankheitsbildern – wie Krebs, COPD oder fortgeschrittener Organinsuffizienz – fließen bei P-CaRES auch Symptome wie Schmerzen, Atemnot, häufige Krankenhausaufenthalte sowie die sogenannte „Überraschungsfrage“ ein: „Wäre es überraschend, wenn dieser Mensch innerhalb der nächsten 12 Monate stirbt?“ Die Ergebnisse zeigen: Während Patient*innen mit Krebserkrankungen häufiger palliativ betreut werden, bleiben Menschen mit anderen chronischen oder akuten Leiden oft unversorgt. Gerade die „Überraschungsfrage“ hilft, Routinen zu durchbrechen und den Blick für palliative Bedürfnisse zu schärfen.

Drei Säulen – und ein großer Wunsch
Die Palliativeinheit am Universitätsklinikum umfasst derzeit drei Säulen: Die stationäre Versorgung verfügt über acht Betten und die Aufenthaltsdauer ist meist auf drei Wochen beschränkt, um möglichst vielen Menschen eine Aufnahme zu ermöglichen. Der Konsiliardienst arbeitet für alle Stationen des Universitätsklinikums. Und das mobilePalliativteam begleitet Menschen zu Hause im Bezirk Krems. Viele Patient*innen werden in stabilisiertem Zustand wieder nach Hause entlassen und anschließend durch das mobile Team oder Partnerstrukturen in Niederösterreich betreut. Was jedoch fehlt – und was das Team sich dringend wünscht – ist eine vierte Säule: ein eigenes Hospiz in Krems. Wenn eine Betreuung zu Hause nicht mehr möglich ist, sind Hospize wichtige Orte für ein würdevolles Lebensende. Zwar gibt es in Niederösterreich sieben Stück – aber keines in Krems. „Am Lebensende aus dem Wohnort verlegt zu werden, ist für viele sehr belastend“, sagt Kreye. Der „Förderverein Palliative Care Universitätsklinikum Krems“ engagiert sich daher aktiv für die Errichtung eines Hospizes. Eine entsprechende Initiative läuft derzeit unter dem Titel: „Hospiz Krems – Abschied nehmen in Würde“.
Letzte Hilfe lehren
Ein weiteres Herzensanliegen des Teams ist die Ausbildung der nächsten Generation. Fast täglich absolvieren Auszubildende aller Berufsgruppen Praxiszeiten auf der Palliativstation. Für Gudrun Kreye wäre es essenziell, dass alle angehenden Mediziner*innen mindestens einen Monat in einer Palliativeinheit verbringen – nicht nur, um Wissen zu erwerben, sondern um Haltung zu entwickeln. „Wer einmal mit Angehörigen am Sterbebett saß, weiß: Es geht nicht nur um erste Hilfe, sondern auch um letzte Hilfe“, so Kreye.
Astrid Kuffner
Eine Antwort
Danke, fuer für die liebevolle Zuwendung, meiner Mutter.
War gutes Gefühl nicht alleine zu sein.