Über die eigene Abschaffung nachzudenken, ist unbehaglich. Aus mehreren Gründen ist Florian Freistetter dagegen, die Science Busters 2040 einzustellen: „Meine Motivation ist, möglichst vielen Menschen zu zeigen, warum Wissenschaft interessant, spannend, unterhaltsam und relevant ist. Für mich ist das ein lohnendes Lebensthema.“ Dabei unterscheidet er seine Anfangstage mit dem Blog „Astrodictium simplex“, seinen Podcast „Sternengeschichten“ und die „Science Busters“. Beim Podcast geht es um die unterhaltsame Vermittlung von Wissenschaft. Bei den „Science Busters“ wird mit Wissenschaft unterhalten. Florian Freistetter hat aber ein paar Ideen, was getan werden müsste, um die notorische Wissenschaftsskepsis in Österreich abzumildern. Die „Science Busters“ oder vergleichbare Formate wird es in 15 Jahren auch noch brauchen: „So lange Wissenschaft stattfindet, so lange ist es nötig, das Thema zu vermitteln.“

Wissenschaft und Demokratie fördern
Dass das Wissenschaftsministerium gerade die Kampagne DNAUStria.at gelauncht hat, begrüßt Freistetter. Aus dem Intro der Webseite: „Wissenschaft und Demokratie sind ein Teil von uns. Sie sind die Basis unserer Gesellschaft, Bausteine unseres Landes und Grundlage unseres Zusammenlebens.“ Der Wissenschafter und leidenschaftliche Wissenschaftsvermittler begrüßt jede Bemühung, über die „inner workings“ von Wissenschaft und wissenschaftliche Erkenntnisse zu informieren, aufzuklären oder damit zu unterhalten. Er selbst war beratend und ausführend bei Kampagnen dabei, aber „mir fehlt die große Strategie“.
Zudem nützt alles nichts, wenn die politische Elite des Landes, aktuelle und vergangene Bundesregierungen, mit Aussagen und Handeln die Glaubwürdigkeit und die Rolle von Wissenschaft konterkarieren. Ministerin Gehrer schrieb ein Vorwort für ein Buch über Astrologie, Minister Hahn verlieh das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst an Johann Grander, Ministerin Aschbacher brüskierte Studierende mit hahnebüchenem Unsinn, der ihr die Doktorin im Namen sicherte. Der aktuelle Innenminister nennt Wissenschaft „das eine“ und Fakten „das andere“, und der Bundeskanzler will Klimaschutz mit Hausverstand begegnen.

Ausbildung
Man braucht sich also nicht wundern, wie die Bevölkerung drauf ist. Aktuelle Zahlen zur Wissenschaftsskepsis in Österreich stammen aus November 2023. 73 Prozent der befragten Österreicherinnen und Österreicher haben in der Umfrage Vertrauen in Wissenschaft und Forschung bekundet, um drei Prozent mehr als 2022. Doch die Zahl der Skeptiker*innen und tendenziell Zweifelnden ist mit einem guten Viertel der Bevölkerung festgefahren.
Bis 2040 müsste Wissenschaftskommunikation ein Studienfach sein, wie in anderen Ländern auch. Momentan kann man das hierzulande nicht studieren. Der erste Professor für Wissenschaftskommunikation, „Science Buster“ Helmut Jungwirth, darf keine Dissertationen in dem Fach betreuen, es gibt keine Curricula. Auch Florian Freistetter hat das nie gelernt.
Zielgruppe Erwachsene
Es gibt Wissenschaftsbotschafter*innen in Schulen, Sparkling Science und viele andere begrüßenswerte Aktionen für Kinder: „Meiner Einschätzung nach sind Kinder nicht unser Problem. Die müssen in die Schule und etwas lernen. Die laufen nicht herum und sagen, dass Klimaschutz ein Blödsinn ist, sie sich nicht impfen lassen, durch Quantenmedizin geheilt wurden und Globuli gegen Krebs nehmen. Erwachsene müssen offiziell nichts mehr lernen, und hier fehlen die Angebote“, so Freistetter. Es gibt punktuelle Aktionen, aber eine nachhaltige langfristige Strategie fehlt: „Wenn wir Wissenschaftsfeindlichkeit reduzieren wollen, müssen wir Menschen erreichen, die keine Lust darauf haben oder das Vertrauen in Wissenschaft verloren haben.“

Begegnung und Schutz
Vertrauen braucht persönliche Begegnungen, in denen die Vermittler*innen nicht abgehoben und abstrakt sind. Es muss wieder klar werden: Wissenschaft wird von Menschen gemacht. Vertrauen bildet sich nicht über Institutionen, sondern über Menschen. Aber wer sich persönlich exponiert, kann Anfeindungen ausgesetzt sein, und es fehlen Strukturen, dem zu begegnen: „Wer gerne Wissenschaft vermitteln möchte, braucht eine Ausbildung, entsprechende Unterstützung und Schutzkonzepte von Institutionen, die funktionieren.“
„Gerade wo viel Unsinn und Quatsch vermittelt wird, muss Wissenschaft hin, wo viele Menschen erreicht werden können.“ Florian Freistetter
Wer Wissenschaft lernt, bekommt beigebracht, dass Emotionen darin nichts zu suchen haben. Nur Fakten, Beweise, Nachvollziehbarkeit: „In der Wissenschaftsvermittlung scheitert man, wenn man Gefühle ignoriert. Ich brauche Emotionen, um Menschen zu erreichen.“ Wissenschaft hat sich in der Vergangenheit aus Gesellschaft und Politik rausgehalten, nach dem Motto „wir sind objektiv und machen Wissenschaft. Corona hat das sichtbar gemacht, weil alle Lebensbereiche betroffen waren. Alle wissenschaftlichen Aussagen wurden auch politisch und gesellschaftlich interpretiert“. Gerade für die Klimakrise müssen Wissenschaftler*innen den Balanceakt lernen, sich da zu positionieren, also die gesellschaftliche Relevanz von wissenschaftlichen Erkenntnissen selbstbewusster heraus zu streichen.

Mutig auf Social Media
Medien haben sich immer verändert. Es wird auch 2040 noch Bücher geben, aber sie werden nicht mehr so viele Menschen erreichen. Florian Freistetter ist auch auf Instagram, aber lieber im Podcast: „Man sollte alle Sozialen Medien für Wissenschaftskommunikation ausprobieren, also nicht vorab als unseriös qualifizieren. Auf TikTok findet hervorragende Wissenschaftskommunikation statt. Gerade wo viel Unsinn und Quatsch vermittelt wird, muss Wissenschaft hin, wo viele Menschen erreicht werden können.“
Astrid Kuffner