Wer Filmreihen kuratiert, braucht Berufserfahrung. Oder? Im Kesselhaus Film.Club dürfen auch Schüler*innen ran.
Die Lust am Serienschauen scheint ungebrochen: Permanent bringen Konzerne wie Netflix Neues auf den Markt. Doch eines fehlt den im rasanten Tempo hervorgebrachten Produkten immer: der Zauber des cineastischen Schauens, das konzentrierte Eintauchen in andere Welten.
„Junge Menschen erreichen andere junge Menschen besser als wir.“ Paula Pöll
Und doch ziehen viele junge Menschen das Streaming dem Kinobesuch vor. Das fiel auch Paula Pöll auf, der Programmchefin des Kinos im Kesselhaus. „Die jüngere Zielgruppe ist noch nicht nachgewachsen“, sagt sie. So gründete sie im Vorjahr den Kesselhaus Film.Club. Damit, so ihre Idee, können sich junge Menschen stärker einbringen – sie wählen selbst Filme aus, die das Kino im Kesselhaus dann zeigt, konzipieren und organisieren Veranstaltungen. Pöll: „Junge Menschen erreichen andere junge Menschen besser als wir.“
Instagram-Bekanntschaft
Ein besonders engagiertes Mitglied des Film.Clubs ist die Studentin Lena Wilhelmer. Sie lebt zwar in Wien, wuchs aber nahe Krems auf und maturierte hier. So verbringt sie die meisten Wochenenden in der Gegend. Wie sie bei einem Treffen in einem Café erzählt, stieß sie auf den Film.Club auf Instagram vor rund einem Jahr. „Ich habe mich zuvor mit Film nicht besonders beschäftigt. Der Film.Club gibt mir die Gelegenheit, mir Wissen anzueignen und Leute kennenzulernen, die sich auch dafür interessieren.“ Für Filminteressierte ab 14 Jahren ist der Film.Club offen – wer Interesse hat, kann sich ihm jederzeit anschließen.
Newcomer Special
Im Oktober zeigte das Kino im Kesselhaus ein Kurzfilm-Special mit Filmen von Newcomern: Johannes Gaisfuss, Ulrich Leitner und Benjamin Posselt. Sie reisten zu diesem Event an und gaben ein Publikumsgespräch. Wie kam der Film.Club an die Regisseure? „Die Idee für das Event kam von einem anderen Mitglied“, erinnert sich Lena Wilhelmer. „Der Kollege arbeitete in den Ferien am Filmset und hatte Kontakt zu Posselt und Leitner, die er dann vorschlug.“ Danach besprachen sie mit Katharina Kreutzer, die im Kino im Kesselhaus für Programmkoordination, -kuratierung und Filmvermittlung zuständig ist, wie der Abend ablaufen würde. Das Kino im Kesselhaus kümmerte sich um Administratives wie die Rechte am Screening, der Film.Club kontaktierte die Filmemacher. Der Abend war ein großer Erfolg: „Es wurden sehr viele Fragen gestellt“, so Lena Wilhelmer. Der Saal war gut gefüllt, auch aus Wien reisten Gäste an.
Nun sind Lena Wilhelmer und einige andere – aktuell umfasst der Film.Club rund fünf Personen – dafür zuständig, Filme für Screenings auszuwählen und sogar deren Regisseur*innen nach Krems einzuladen. Ab sofort soll es auch einen monatlichen Stammtisch in der Filmbar geben, wo sich Filminteressierte treffen und austauschen können.
Aufmerksamkeit für Details
Darüber hinaus fand Lena Wilhelmer mit dem Film.Club eine Gruppe an Leuten, mit denen sie in Krems, aber auch in Wien ins Kino geht, um danach die Filme zu besprechen. „Wenn man das macht, wird man achtsamer. Zum Beispiel mache ich mir jetzt Details wie die Filmmusik stärker bewusst“, sagt sie. „Der Film.Club bedeutet mir viel“. Und was plant er für dieses Jahr? Lena Wilhelmer hält sich bedeckt. „Wir haben schon eine Idee für das nächste Event. Aber die wird noch nicht verraten!“ Cineast*innen aus Krems und anderswo können gespannt sein.
Nina Schedlmayer