Dienstreisen, Getränkeangebot, Portionspackungen. Heiztechnologie, WC-Steine, Rauchverbot. Abfallbehälter, Wasserspartechnik, Mehrweggeschirr. Wer die „Richtlinie UZ 200“ durchblättert, dem schwirrt bald der Kopf. Das über 100 Seiten umfassende Dokument bildet einen Kriterienkatalog, an dem sich Tourismus-, Gastro- und Kulturbetriebe orientieren müssen, wenn sie das Österreichische Umweltzeichen, das Gütesiegel für nachhaltige Betriebe, erhalten wollen.
Mobilitätskonzepte und Beleuchtungssysteme
Worauf dafür zu achten ist, weiß Klaus Moser schon lange. Er ist Geschäftsführer der NÖ Festival und Kino GmbH, die zur NÖKU, der Niederösterreichischen Kulturwirtschaft gehört und wesentliche Kremser Kulturinstitutionen vereint: das Donaufestival, die Europäischen Literaturtage, das Kino im Kesselhaus, das Imago Dei Festival sowie Glatt&Verkehrt; als Außenposten kommt der Kunstraum Niederösterreich in der Wiener Herrengasse dazu. Moser ist Nachhaltigkeitsbeauftragter der NÖKU und befasst sich seit Langem mit der Materie. Mit Erfolg: Demnächst erhält die NÖ Festival und Kino GmbH das Österreichische Umweltzeichen.
In seinem Büro erzählt Klaus Moser, der neben Wirtschaftspädagogik und BWL auch Kunstgeschichte studierte, von Nachhaltigkeitsstrategien und -maßnahmen, Umweltstrom und Fernwärme, Mobilitätskonzepten und Beleuchtungssystemen. Was hinter den Kulissen passiert, um umweltfreundliche Standards zu setzen, davon macht man sich als Besucherin wohl kaum eine Vorstellung.
80 Prozent Einsparungen
Die erforderlichen technologischen Umrüstungen sind aufwändig. In der Minoritenkirche, diesem wunderbaren Ort für Konzerte, Lesungen und Klanginstallationen, braucht es Heizung und Licht. Gasheizung und alte Scheinwerfer sind freilich inkompatibel mit Nachhaltigkeit. Daher werden sie nun von Fernwärme und LED-Beleuchtung ersetzt, auch eine Photovoltaik-Anlage am Dach von Nebengebäuden wird 2024 montiert, Kostenpunkt: rund 500.000 Euro. Einen Teil der Ausgaben übernahm der Bund: Mit dem Programm „klimafitte Förderung“ verteilt das Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport 15 Millionen Euro aus EU-Mitteln für Investitionen in Maßnahmen zur Senkung von CO2-Emissionen; weitere Gelder kamen aus Förderungen vom Land Niederösterreich. Auf die Frage, wann sich die Investitionen durch geringere Energiekosten amortisierten, holt Klaus Moser einen Ordner und sucht die entsprechenden Zahlen: Im Minoritenkomplex sind Einsparungen von insgesamt rund 80 Prozent Energie bei der Beleuchtung zu erwarten, ebenso bei der Heizung. Insgesamt entstehen dann dort jährlich, so die Prognose, 65,54 Tonnen CO2 weniger als zuvor – das Forum Frohner, das zur Kunstmeile gehört, mit eingerechnet.
Schwieriger wird die Angelegenheit bei der Mobilität: Schließlich reisen nach wie vor viele Gäste mit dem Auto an – eine höhere Frequenz bei den Öffis zwischen Wien und Krems sowie ein dichtes Bikesharing-Angebot soll demnächst das Publikum zum Umsteigen bewegen. Shuttlebusse stehen bei Festivals fast immer bereit. Manchmal nimmt sie das Publikum mehr, manchmal weniger wahr. „Das Angebot möchten wir jedenfalls beibehalten“, so Moser. In einem Flächenbundesland wie Niederösterreich seien aber überhaupt „neue Mobilitätskonzepte wichtig.“ Ein Thema das ihn, der seinerseits auf das Auto verzichtet, schon lange umtreibt. Und so ist er auch im Mobilitätslab engagiert, das alternative Konzepte erarbeitet.
Fahrradlobby im Kino
Was die „Richtlinie UZ 200“ nicht regelt: Wie sich Kulturbetriebe inhaltlich auszurichten haben. Das ist auch gut so. Trotzdem betont Moser: „Das Publikum ist ein Hebel. Daher bildet unsere Programmierung auch das Thema Nachhaltigkeit ab.“ Der Kunstraum Niederösterreich stellte das Jahr 2023 unter das Motto „Sensing the Heat“, etwa mit der Ausstellung „Matrix Bodies“, wo Kunstwerke „die Untrennbarkeit von Mensch und Natur“ beleuchteten. Das Kino im Kesselhaus lud die Kremser Fahrradlobby ein. Die Europäischen Literaturtage widmeten sich im Vorjahr dem Thema „Tiere und andere Menschen“ – mit Vortragenden wie der Schriftstellerin, Tierethikerin und Dichterin Mara-Daria Cojocaru.
Was, so möchte man von Klaus Moser am Schluss wissen, ist eigentlich das Schwierigste an der Umsetzung all dieser Standards? „Dass man ständig dranbleibt.“ Gibt es Widerstände gegen die vielen Maßnahmen? „Wenn, dann haben sie meist mit fehlendem Wissen zu tun.“ Und dagegen kann man angehen.
Nina Schedlmayer