Wer über die Anibas-Promenade, vorbei an der von Ramesch Daha gestalteten Gefängniswand, sich dem Campus Krems nähert, landet irgendwann auf einer Rasenfläche. Sie breitet sich zwischen dem Kino im Kesselhaus, dem Archiv der Zeitgenossen und einem der modernen Gebäudeteile der Universität für Weiterbildung Krems (UWK) aus: eine grüne und luftige Durchgangszone. Doch jedes Jahr im Juli verwandelt sich dieser Platz in einen Kinosaal der Sonderklasse. Dann veranstaltet das Kino im Kesselhaus sein Open Air – eine Filmreihe, die hier eine lange Tradition hat und 2006 erstmals stattfand.
Zwischen Schornstein und Weinbergen
Zwischen dem beeindruckenden Schornstein des Kesselhauses mitsamt seiner charmanten Filmbar – bekanntlich stand hier ja einst eine Tabakfabrik –, den Fassaden der zeitgenössischen Architektur auf der einen Seite und den Weinbergen, die sich auf der anderen Seite jenseits einer Häuserzeile erstrecken, finden an lauen Sommerabenden bis zu 378 Besucher*innen Platz.
Paula Pöll, die das Kino im Kesselhaus leitet, outet sich im Gespräch mit ask – art & science krems als an sich nicht von vornherein euphorischer Open-Air-Kino-Fan. „Ich liebe die ungestörte Situation im Kinosaal, aber hier ist es etwas ganz anderes“, sagt sie. „Die Location ist ganz etwas Besonderes, sehr atmosphärisch und malerisch.“
Wenn die Sonne untergegangen ist und in der Dämmerung die Straßenlaternen sowie die Lampen in den Universitätsgebäuden, dort, wo besonders fleißig gearbeitet wird, erleuchten: Dann ist der Zeitpunkt angebrochen, an dem der Film des jeweiligen Abends abgespielt wird. „Wir zeigen im Sommerkino traditionsgemäß die Publikumslieblinge und ausgezeichnete Produktionen des Jahres. Auch die im letzten Jahr gestartete Reihe Kult.Kino findet mit ‚Grease‘ und ‚Ein Herz und eine Krone‘ ihre Fortsetzung“, erzählt Paula Pöll. Ebenso zeigt sie die Komödie „Griechenland“ mit Thomas Stipsits, die stimmungsvolle Schwesterngeschichte „Die Insel der Zitronenblüten“ und „Ticket ins Paradies“, eine Romantic Comedy mit Julia Roberts und George Clooney in ihren Paraderollen. Als Opener wählte Paula Pöll die Sommerkomödie „Akropolis Bonjour – Monsieur Thierry macht Urlaub“, die zum Start am 6. Juli bei freiem Eintritt zu besuchen ist. Auch ausgesprochene Cineast*innen kommen auf ihre Kosten, mit einem Preview von François Ozons „Mein fabelhaftes Verbrechen“ oder Wes Andersons „Asteroid City“.
Monatelange Vorfreude
Schon zu Beginn des Jahres, erzählt Paula Pöll, werde sie üblicherweise nach dem Sommerkino gefragt. „Die Leute freuen sich schon Monate vorher darauf.“ Doch wie beantwortet sie die Gretchenfrage aller Outdoor-Kulturveranstaltungen: Was passiert, wenn’s regnet und stürmt? Dafür hat das Kino im Kesselhaus eine pragmatische Lösung. Da der Saal im Kino 100 Personen fasst, dürfen die ersten 100 Besucher*innen mit ihrem Ticket ins Trockene übersiedeln; die anderen bekommen, so der Kinoabend nicht zu weit fortgeschritten ist, den Eintrittspreis zurückerstattet. Aber: Open Air ohne ein gewisses Wetterrisiko wäre ohnehin nur der halbe Spaß. Denn drinnen bleiben kann das Kinopublikum im Rest des Jahres sowieso. Und wenn sogar die Wiener Stadtzeitung „Falter“ das Kremser Freiluftkino einmal als „schönste Open-Air-Location“ lobte, kann man sich jetzt schon auf diesen sehr besonderen Ort zwischen Schornstein und Weinbergen freuen.