„Derzeit erleben wir einen unglaublich spannenden Moment, was die Kunst der Künstlerinnen und Künstler aus Afrika, aus der afrikanischen Diaspora und afrikanischer Herkunft betrifft. In der Kunsthalle Krems zeigen wir jetzt erstmals eine Schau dazu, die auf Porträt fokussiert ist: „The New African Portraiture. Shariat Collections“. Welche weiteren Ausstellungen es geben soll? Das kann ich nicht sagen, aber allein die hier vertretenen Künstlerinnen und Künstler können zahllose Shows bespielen. Für mich als Kurator ist es interessant, die enorme Qualität ihrer Werke zu beobachten – wir erleben gerade eine aufregende Zeit! Endlich holt auch die institutionelle Kunstwelt auf bei der Kunst aus Afrika und der afrikanischen Diaspora und erkennt, dass diese Künstlerinnen und Künstler auf einem außergewöhnlich hohen Level arbeiten.
Neue Perspektiven
Ich bin schon neugierig auf weitere Ausstellungen, die ich als Betrachter sehen werde. Die Kunst bringt einen an verschiedene Orte und eröffnet neue Perspektiven. Was mir auffällt: Die Künstlerinnen und Künstler, deren Werke wir hier in Krems zeigen, sind wie Forschende und Studierende der Form. Ihre Arbeit nimmt europäische Kunstgeschichte und Ästhetik auf. Das hat damit zu tun, dass sie kosmopolitisch sind. Ihre Identität ist eine offene, die ständig im Gespräch ist mit anderen Teilen der Welt. Das nenne ich die African Diaspora Condition, die einer der Gründe dafür ist, dass diese Werke ständig im Fluss scheinen. Sie reflektieren die Tatsache, dass sich die Künstlerinnen und Künstler zwischen Kontinenten bewegen, vielsprachig sind. Die Arbeiten ringen auch mit Vorstellungen von Rasse und Zugehörigkeit. Die Frage in der Kunst ist ja immer: Worum geht es ihr überhaupt? Was steht auf dem Spiel? Tesfaye Urgessas Gemälde „No Country for Young Men“, das wir in der Ausstellung zeigen, dreht sich beispielsweise um Migration, wobei er Einflüsse von Francis Bacon, Lucian Freud und Picasso aufnimmt. Der Künstler zeigt uns eine Möglichkeit, über Menschen und ihre soziale Umgebung nachzudenken – darüber, wie Schwarze entmenschlicht werden. Es geht nicht um die Oberfläche der Malerei oder um ein Konzept, sondern um die Grundfesten menschlichen Lebens.
Wie präsent könnte die afrikanische Kunst in einigen Jahren global sein? Und wo? Der Ort dafür ist das Werk selbst. Mich interessiert die Herausforderung für Künstlerinnen und Künstler, eine Laufbahn aufzubauen, die langlebig ist, die sich über Jahrzehnte hält. In Miami zeigt Alexandre Diop demnächst Werke, deren Größe weit über die hier in der Kunsthalle gezeigten hinausgeht – das ist für mich nur ein Beispiel für die Fähigkeit eines Künstlers, sich weiterzuentwickeln. Eines Tages werden wir afrikanische Kunst an Orten sehen, die wir noch nicht erahnen. Mein Ziel ist, von der Kunst überrascht zu bleiben.“