Ob von der Donaubrücke oder von der Uferstraße aus: Das Tor zur Altstadt von Mautern formen rechterhand das Schloss und linkerhand das Weingut Nikolaihof. Die Nutzungs-, Besitz- und Baugeschichte des Wirtschaftshofs, der seit 1000 Jahren durchgehend für Weinproduktion und Repräsentation genutzt wird, arbeiten Elisabeth Gruber und Thomas Kühtreiber vom Kremser Institut für Realienkunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit (IMAREAL) im Rahmen des Projekts „Klosterhöfe in der Wachau“ auf. Sie geben ask – art science krems einen kurzen Einblick in ihre Erkenntnisse, die im Forschungs-Blog ausführlich dokumentiert sind.
Der Nikolaihof ist das älteste Weingut Niederösterreichs und einer von 142 (!) Klosterhöfen, die für die Welterbe-Region Wachau bisher dokumentiert wurden. Geschichte wird hier zum Genuss, wenn nach der Besichtigung baulicher Besonderheiten – wie der Agapitkapelle – die Winzerfamilie Saahs ihre Demeter-Weine ausschenkt.
Seelsorge und Weinversorgung
Ab dem neunten Jahrhundert gingen stückweise Weingärten im heutigen Niederösterreich in den Besitz von Klöstern in den Herzogtümern Bayern und Österreich über. Der Wein wurde von den klösterlichen Lesehöfen die Donau stromaufwärts transportiert. „Zu der Zeit gab es viele Konfliktsituationen entlang der Donau, was auch die wirtschaftliche Nutzung des Landstrichs erschwerte. Es ging wohl darum, die Region strukturiert zu christianisieren, aber auch bewohnbar und bearbeitbar zu machen“, erklärt Historikerin Elisabeth Gruber. Im 11. Jahrhundert wird der Nikolaihof erstmals als zum Kloster St. Nikola in Passau gehörend erwähnt. Die schriftlichen Quellen dazu liegen im Bayerischen Hauptstaatsarchiv.
Ein Bischof muss ins Exil
Es wurde hier nicht nur gekeltert, sondern auch Zuflucht gesucht. Die Gründung von St. Nikola mit seinen Wirtschaftsbetrieben überschnitt sich mit dem „Investiturstreit“, in dem sich der Landesfürst (Herzog von Bayern), der Kloster-Stifter (Bischof Altmann) und die Kloster-Angehörigen in entgegengesetzten Lagern wiederfanden. Bischof Altmann von Passau stand plötzlich ohne Bistum und seine Chorherren ohne Kloster da, aber die Babenberger boten ihnen ein Exil in Göttweig. „Ohne diesen Konflikt wüssten wir wenig über die Entstehungszeit des klösterlichen Wirtschaftsbetriebs, der in Mautern bis ins 19. Jahrhundert aufrechterhalten wurde. Der Streit wurde schließlich im 12. Jahrhundert beigelegt. 1803 wurde der Nikolaihof säkularisiert und der gesamte Bestand verkauft“, erzählt Gruber.
Die Baugeschichte reicht noch weiter zurück zum Legionslager Favianis, das vom ersten bis zum fünften Jahrhundert Bestand hatte. „Unsere aktuelle Forschung hat aufgedeckt, dass im Zuge der Truppenverkleinerung im Lager ein Kleinkastell errichtet wurde und die Bewohner*innen aus der Zivilstadt innerhalb der Lagermauern Schutz fanden“, beschreibt Thomas Kühtreiber. Im Nikolaihof kann ein römischer Hufeisenturm besichtigt werden und im Presshaus reicht eine alte Kastellmauer bis zum Dachniveau.
Der Nikolaihof erfüllt in einmaligem Erhaltungszustand bis heute dieselben Funktionen wie vor 1000 Jahren, und die Familie Saahs kümmert sich hier seit 1894 in einmaliger Weise um das Wohl der Mauern und der Gäste.
Astrid Kuffner
Eine Antwort
Als „zugereiste“Kremserin finde ich die niederschwellige Präsentation der Geschichte höchst interessant. Bitte weiter so.