Die Entscheidung, nach 13 Jahren Forschungsarbeit im deutschsprachigen Ausland, mit Stationen an der ETH Zürich und zuletzt der LMU München, nach Österreich zurückzukehren, traf Franz Herzog gemeinsam mit seiner Familie. Seit Juli 2021 ist der gebürtige Herzogenburger verantwortlich für den Aufbau eines Proteomik-Labors am Institute for Bioanalytics der IMC FH Krems. Die Proteomik erforscht die Gesamtheit aller in einer Zelle oder einem Organismus vorliegenden Proteine. Etwa 12.000 verschiedene Eiweißmoleküle sind die biochemischen Funktionsträger im Körper und im Vergleich zur fixen Erbinformation ist ihr Zusammenspiel in den Zellen sehr dynamisch. Es unterliegt ständigen Veränderungen in Konzentration, Modifikation und Interaktion, wodurch die Funktionen der Proteine zeitgerecht bereitgestellt werden. Technischer Dreh- und Angelpunkt des neuen Schwerpunkts an der IMC FH Krems ist ein millionenschweres Orbitrap Eclipse Massenspektrometer, geeignet um in der komplexen und wechselvollen Zusammensetzung von Proteinen nach Gesetzmäßigkeiten, Strukturen, Verantwortlichen und Anknüpfungspunkten zu suchen. Doch das Gerät allein bewegt nichts ohne Wissen, Vernetzung und Menschen.
Das Proteomik-Puzzle
Franz Herzog beschreibt Proteomik wie ein komplexes dynamisches 3D-Puzzle mit tausenden Proteinstrukturen, in dem man den Aufbau aus vielen einzelnen Bausteinen und deren Verknüpfungen noch nicht genau kennt, aber den Wirkmechanismus entschlüsseln will. Die Spektrometrie liefert präzise Massenzahlen zu hunderten bis tausenden Puzzlestücken auf einmal. Diese Informationen müssen aber weiter vernetzt werden: mit Sequenzinformationen aus dem Human Genome Project, kombiniert mit Resultaten anderer Methoden und Studien, weiter verfeinert mit chemischer Quervernetzung und so fort. Am Ende steht dann hoffentlich ein räumliches Modell eines Eiweißkomplexes mit Position und Aufbau des aktiven Zentrums, der Bindungsstelle zu Aktivatoren oder einem möglichen Ansatzpunkt für Therapeutika.
„Mit dem Gerät sind wir auf dem neuesten Stand der Technik und wollen nun mit gezielter Forschung und kommerziell anbietbaren Leistungen eine Nische finden und besetzen. Wir werden die bewährte Analyse von Antigen/Antikörper Immunreaktionen am Institut ausbauen. Zudem knüpfe ich weitere Forschungskontakte und arbeite immunologische Themen heraus, in denen wir Massenspektrometrie als Methode sinnvoll anbieten können“, betont der 48-Jährige.
Für den Aufbau des Labors, eine Aufgabe ganz nach seinem Geschmack, braucht es erstens mehrere Jahre zeitliche Perspektive, um Funding und Team aufzubauen, zweitens die richtigen Mitarbeiter*innen und drittens Ideen für Projekte. „Mit der IMC FH Krems habe ich eine akademische Institution im Rücken, die all das ermöglicht“, freut er sich. Zunächst will er jedenfalls Mitarbeiter*innen für die Orbitrap engagieren, um in weiterer Folge Forscher*innen bei wissenschaftlichen Projekten zu unterstützen. Auch Bioinformatiker*innen wird er brauchen. Er selbst sitzt momentan oft in Seminaren des Herstellers, um das beträchtliche technische Potenzial der Orbitrap Eclipse auch heben zu können. Geplant ist zudem, dass es auch andere Wissenschaftseinrichtungen in Krems mitnutzen können.
Spirit im Herzog Lab
Die Position hat sich Franz Herzog übrigens zunächst über eine Blindbewerbung aufgetan. Das ist insofern bemerkenswert, als er im ask-Interview erzählt, dass er selbst viele gute Mitarbeiter*innen auf diese Weise gefunden hat. Die Institutsleitung überzeugte der Molekularbiologe mit seiner fachlichen Qualifikation und über die Stiftungsprofessur Clinical Proteomics Krems des Landes Niederösterreich konnte letztlich die notwendige zeitliche Perspektive geschaffen werden.
Weil die (Wo)manpower im Labor so wichtig ist, fragen wir den erfahrenen Gruppenleiter noch nach dem Spirit und Führungsstil im „Herzog Lab“: „Mir hat es selbst immer geholfen, wenn es eine große Idee als Ziel gab, die Idee Neuland zu betreten. Und diesem großen Ziel dann mit möglichst vielen Forschungswegen und Ideen nahezukommen.“ Als große Ziele nennt er dann die patient*innenspezifische Analytik von Immunreaktionen, also wie die körpereigene Abwehr auf Bestandteile von körperfremden Proteinen trainiert wird, mit Aussicht auf personalisierte Medizin und die Analyse von Stoffwechsel-Signalketten, um zu verstehen, wie sich eine Zelle adaptiert, wenn sie etwas nicht bekommt.
Eine Antwort
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